Das soll Kunst sein?

Kunst. Das soll Kunst sein?

All diese hässlichen, unverständlichen Bilder und Gegenstände, gemacht von hässlichen und unglaublich gescheiten Menschen – oder wollen Sie etwa sagen, jemand hier sei so schöne wie eine der Madonnen von Raffael, wie eine der Plastiken von Michelangelo?

Muss Kunst schön sein?

Nein, der Tanz des Buto zeigt das Hässliche, das Wüste, die Verzweiflung und das Elend – ist nun jemand hier, dem es so elend geht, wie der Altenpflegerin in einem seelenlosen Altersheim, nach 8 Stunden Kot aufputzen, Betten machen,  sich belehren und bevormunden lassen und in der Hierarchie der Pflegenden ganz am Schluss zu stehen?
So elend wie dem Tier, das in einem industriellen Schlachthof steht und völlig gestresst auf den unweigerlichen Bolzen oder das Messer am Hals wartet?
So verzweifelt sich fühlt, wie die …. Wir können hier noch seitenlang ausführen, wem es sicher trauriger und elender geht als uns jetzt hier.

Leid ist Kunst.
Schönheit ist Kunst.

Kunst ist ein anderes Wort für Dasein.
Kunst ist, dass Sie jetzt das lesen können, dass Sie heute Morgen aufgestanden sind und Ihre täglichen Arbeiten verrichten konnten. Kunst ist die Arbeit all der vielen fleissigen Menschen, die ihre Tätigkeit getreulich und innig verrichten, welcher Art diese Arbeit auch sei.

 

Aber diese Bilder hier, diese Gegenstände – das ist alles Ramsch, zu Nichtsnütze und einfach dumm genug, um Staubfänger zu sein. Ja, das nennen wir KUNST.

Ich kriege Ausschlag, ein Instanttourret und noch mehr, denke ich an diese Art von Kunst und Künstler, die irgendetwas machen, und dem noch Kunst sagen.

Maler, ok. BildherstellerInnen, ok. FigurenmacherInnen, ok. In handwerklicher Weise Farbe und Formen so gestalten, das Bewegung, Formen, Farben so abgebildet werden, dass ein Publikum, ein Betrachter, eine Person, die mit dem Werk in eine Beziehung tritt, sich selber neu erlebt, oder sich bestätigt fühlt, oder einfach Freude hat, oder erschrickt, simpel und einfach erschrickt. Und damit eine kurze Weile offen ist für einen noch unbekannten Eindruck. Für etwas Neues, für etwas anderes. Für Transzendenz des bekannten Momentes.

 

Insofern ist eben alles Kunst. Welch Erstaunen beim Fallen eines Blattes. Welch Freude beim Tanz eines Menschen. Welche Unsicherheit beim Erleben von Wut, Sanftheit und Ruhe.

 

Kunst ist ein anderes Wort für Dasein.

Kapitel 358 des Buches: Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe | Projekt Gutenberg

Doch glaube keiner, daß mit allem Sinnen Das ganze Lied er je enträtseln werde: Gar viele müssen vieles hier gewinnen,
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